Die Arbeitswelt im Ruhrgebiet hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten stark verändert. Mit dem Strukturwandel sank die Zahl der Arbeitsplätze in traditionellen Branchen wie dem Bergbau und der Stahlindustrie. Zugleich wuchs vor allem die Dienstleistungsbranche stark und schaffte tausende neue Jobs im Ruhrgebiet.
Doch nun wandelt sich die Arbeitswelt schon wieder. Die Digitalisierung mit all ihren Entwicklungen stellt Arbeitnehmende ebenso vor neue Herausforderungen wie der gesellschaftliche Wandel. Immer mehr Menschen haben dabei das Gefühl, die Zukunft nicht aktiv mitgestalten zu können. Stattdessen werden Veränderungen nur „von oben“ diktiert und führen zu einem Gefühl der Hilflosigkeit. Wie lässt sich damit umgehen und wie kann eine gerechtere Arbeitswelt der Zukunft aussehen?
Die Herausforderungen der Arbeitswelt
Die Medien sind derzeit voll mit Berichten über die Generation Z, die angeblich extrem hohe Forderungen an ihre Arbeitsplätze stellt: Da wimmelt es nur so von englischen Buzzwords wie Work-Life-Balance, Homeoffice, Sabbatical und Workation. Enttäuscht der Arbeitgebende die Erwartungen, ist die Generation Z ganz schnell wieder weg, denn sie kann es sich leisten. Oder?
Diese Berichte sind mit einer ordentlichen Portion Skepsis zu betrachten, denn es handelt sich lediglich um eine hochqualifizierte Minderheit mit akademischen Abschlüssen, die am Arbeitsmarkt derart heiß begehrt ist. Die jungen Krankenpflegenden müssen nach wie vor lange Schichten im Krankenhaus leisten und die Handwerker tagtäglich hart anpacken. Arbeit lässt sich schließlich nur im Homeoffice oder aus der Hängematte am Strand von Bali ausführen, wenn sie fast vollständig online am Laptop ausgeführt werden kann.
Dennoch liegen die jungen Arbeitnehmenden mit ihren Forderungen nicht falsch, denn der Wunsch nach einer besseren Work-Life-Balance hat sich auch bei den anderen Generationen durchgesetzt. Eine der größten Herausforderungen der Arbeitswelt der Zukunft ist darum, diese Wünsche mit den Bedürfnissen der Wirtschaftswelt zu vereinbaren – und sich auf halber Strecke zu treffen.
Wie die Zukunft der Arbeitswelt aussehen könnte
Einige Erkenntnisse der letzten Jahre, wie sich die Arbeitswelt in Zukunft verändern könnte und sollte:
Verbesserung der Work-Life-Balance
Derzeit fühlen sich viele Arbeitnehmende durch die ständige Erreichbarkeit per Smartphone gestresst, vor allem wenn rücksichtslose Chefs spätabends oder am Wochenende E-Mails schicken. Ein wichtiger Schritt für eine bessere Zukunft der Arbeitswelt ist die klare Trennung zwischen Arbeit und Privatleben, wie sie früher schon einmal üblich war.
Mehr Selbstfürsorge
Noch immer wird der mentalen Gesundheit der Arbeitnehmerschaft zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Burn-outs und Depressionen nehmen weiter zu. Hier sind die Führungskräfte gefragt, die ihren Mitarbeitenden mit mehr Empathie begegnen müssen. Mittlerweile gibt es immerhin mehr Schulungen und Seminare in diesem Bereich und immer mehr Firmen führen sogenannte Self-Care-Days ein: Zusätzliche freie Tage, in denen sich die Angestellten eigenen Projekten widmen oder einfach erholen können.
Kürzere Arbeitszeiten
Ein weiterer Kernpunkt der zukünftigen Arbeitswelt ist die wöchentliche Arbeitszeit. Schon jetzt gibt es immer mehr Forderungen nach der Vier-Tage-Woche. Wird die sinkende Arbeitszeit über einen Zeitraum von einem Jahrhundert betrachtet, dürfte außer Frage stehen, dass sie sich irgendwann durchsetzen wird – und Unternehmen stark umdenken werden müssen.
Andere Führungsmentalität
Werden Arbeitnehmende danach gefragt, was sie an ihren Jobs frustriert, stehen die Vorgesetzten eigentlich immer an erster Stelle. So ergab der jährlich veröffentliche Gallup Engagement Index, dass lediglich ein Viertel mit dem direkten Vorgesetzten zufrieden war. Und 55 Prozent aller Befragten konnten sich vorstellen, den Job zu wechseln. Zur Vision einer besseren Arbeitswelt der Zukunft gehört darum auch eine andere Führungsmentalität, die die Mitarbeitenden wertschätzt und respektiert.
Stabilität im Betrieb
Ein weiterer Punkt, der bei Arbeitnehmern derzeit noch für viel Frust sorgt, sind ständige Veränderungen und die damit verbundene Unsicherheit. Ob innerbetriebliche Restrukturierung, Fusionen mit anderen Firmen oder die Einführung neuer Software oder Arbeitsmethoden: All dies stresst und frustriert.
Gutes Change Management ist hier das Zauberwort. Und dabei sind wieder die Führungskräfte gefragt, die ihre Mitarbeitenden auch auch emotionaler Ebene abholen müssen. Soweit wie möglich sollten diese schon die Planung mit einbezogen werden und Wünsche äußern dürfen. Ist dies nicht möglich, sollten die Gründe für die Veränderungen offen und transparent kommuniziert werden. Nur dann fühlen sich die Mitarbeitenden ernst genommen.
Was kann jeder Arbeitnehmende zur Arbeitswelt der Zukunft beitragen?
Die Arbeit in der Zukunft wird zweifellos eine andere sein, doch Veränderungen brauchen Zeit. In der Zwischenzeit kann sich jeder Arbeitnehmende selbst fragen: Wie stelle ich mir die Arbeitswelt der Zukunft vor und was kann ich dazu beitragen? Einige Beispiele:
- Willst du gerne im Homeoffice arbeiten, aber dein jetziger Arbeitsplatz macht es unmöglich? Suche nach neuen Jobs bei Firmen, die dies ermöglichen oder denke über einen kompletten Jobwechsel nach. Als Quereinsteiger:in hast du heute viele tolle Chancen!
- Im Büro herrscht schlechte Stimmung? Überlege, was du zu einer Verbesserung beitragen kannst. Schlag zum Beispiel ein wöchentliches „After Work Drinks“ Beisammensein vor, oder eine gemeinsame Kaffeerunde, zu der abwechselnd jemand Kuchen mitbringt. Auch gemeinsame sportliche Aktivitäten können das Miteinander stärken.
- Eine bestimmte Aufgabe nervt dich in einem ansonsten guten Job? Vielleicht kannst du mit jemandem tauschen. Ein Beispiel: Dich stressen Telefonanrufe ungemein, weil sie dich aus der Konzentration reißen. Eine Kollegin liebt es zu telefonieren, hasst es aber, längere E-Mails zu schreiben. Sie übernimmt deine Telefonanrufe, du schreibst die E-Mails für sie. Beide sind glücklicher.
Natürlich gibt es noch viele andere Punkte, mit denen die Arbeitswelt der Zukunft angenehmer gestaltet werden können. Hier helfen offene Gespräche mit Vorgesetzten, zum Beispiel beim Jahresgespräch, wenn es um persönliche Dinge wie den Wunsch nach mehr Homeoffice oder mehr Mitspracherecht bei Entscheidungen geht.
Bei anderen Themen kann der Betriebsrat aktiv werden oder sich alle Mitarbeitenden einer Abteilung zusammentun. Ist zum Beispiel die Umstellung auf eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich nicht möglich, lässt sich vielleicht zumindest ein zusätzlicher freier Tag pro Monat als Self-Care-Day aushandeln.
Dabei solltest du dir immer vor Augen halten: Nicht nur die Gen Z sind begehrte Arbeitskräfte, die Forderungen stellen können. Auch andere Generationen haben im Zeitalter des Fachkräftemangels heute mehr Chancen, gehört zu werden. Sie müssen sich nur trauen.