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Arbeitszeiterfassung: das neue Gesetz

Zeiterfassung am Arbeitsplatz: Was gilt ab 2023?

Bereits zum vierten Quartal 2022 ist die Pflicht zur digitalen Arbeitszeiterfassung in Deutschland eingeführt worden. Allerdings warten viele Arbeitgeber derzeit noch darauf, dass die Regierung ein entsprechendes Gesetz nachliefert. Dieses soll im ersten Quartal 2023 vom Bundesarbeitsministerium vorgestellt werden. Dies führt gerade zu der kuriosen Situation, dass Arbeitgeber eigentlich schon zur Zeiterfassung verpflichtet sind, die meisten aber lieber auf die konkreten Vorgaben der Regierung warten, damit sie von Anfang an alles richtig machen. Hier haben wir den aktuellen Stand der Dinge für dich zusammengefasst.

Die Vorgeschichte zur Arbeitszeiterfassung

Eigentlich gilt bereits seit Jahrzehnten, dass Arbeitnehmer ein Recht auf regelmäßige Pausen haben und für Überstunden fair vergütet werden müssen. In der Praxis sieht das jedoch oft ganz anders aus. Bittet der Chef darum, abends noch eine Stunde länger zu bleiben, oder wird die geplante Mittagspause im Bistro an der Straßenecke durch ein plötzliches Meeting torpediert, trauen sich die wenigsten Mitarbeiter, dagegen zu protestieren. Nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa.

Dies brachte spanische Gewerkschaft CCOO (Federación de Servicios de Comisiones Obreras) dazu, vor dem Nationalen Gerichtshof Spaniens eine Klage gegen die Deutsche Bank SAE zu erhoben und wollte diese verpflichten, ein System zur Erfassung der von den Mitarbeitern täglich geleisteten Arbeitszeit zu erfassen. In Spanien wurden rund 53,7 % der geleisteten Überstunden nicht erfasst. Die Klage landete schließlich vor dem Europäischen Gerichtshof, der am 14.05.2019 ein weitreichendes Urteil für die gesamte Europäische Union fällte: Arbeitgeber wurden verpflichtet, die Arbeitszeit aller Mitarbeiter objektiv und verlässlich zu ermitteln.

Die Arbeitszeiterfassung in Deutschland

Der Haken am Urteil des EuGH: Er machte keine Vorgaben, bis wann diese Verpflichtung umgesetzt werden musste. Dies führte dazu, dass die deutsche Politik die Sache zunächst auf die lange Bank schob, statt sie in nationales Recht zu überführen. Und solange keine Gesetz Druck machte und Rechtssicherheit versprach, ließen es auch die Arbeitgeber ruhig angehen. Bis nun am 13.09.2022 ein Urteil des deutschen Bundesarbeitsgerichtes alle gleichzeitig aus der Ruhe schreckte und festlegte, dass Firmen und Betriebe tatsächlich zur Zeiterfassung verpflichtet seien – und zwar ab sofort.

Dies führt aktuell zu einer problematischen Situation, denn ohne Vorgaben fehlt den Arbeitgebern ein Leitfaden, wie es rechtskonform umgesetzt werden soll. Dazu kommt, dass sich im Laufe der Zeit viele verschiedene Zeiterfassungsmodelle herausgebildet haben und immer weniger Unternehmen der klassischen „Nine to Five“-Arbeitszeit folgen. In einigen Branchen sind flexible Arbeitszeiten ohnehin schon Standard, beispielsweise im Journalismus. Hier wird die Mittagspause dann auch mal geopfert, um einen aktuellen Artikel zu schreiben, der unbedingt zeitnah online oder noch am gleichen Tag in Druck gehen soll. Diese Flexibilität sollte auch bei der zukünftigen Zeiterfassung unbedingt berücksichtigt werden.

Grundsätzlich lässt sich sagen: Unternehmen sollten sich schon jetzt mit verschiedenen Optionen zur Zeiterfassung beschäftigen, damit sie handeln können, wenn das Bundesarbeitsministerium sein Gesetz erlässt.

Die digitale Stechuhr der Neuzeit

Die Erfassung der Arbeitszeit an sich ist natürlich nichts neues. Mit der Industrialisierung kam die Stechuhr: Fabrikarbeiter stempelten sich morgens ein und abends wieder aus. Heute übernehmen digitale Lösungen die Zeiterfassung. Meist handelt es sich dabei um Cloud-Lösungen, die von verschiedenen Orten aus zugänglich sind. Dies hat vor allem für Arbeitnehmer Vorteile, die häufiger außerhalb des Büros arbeiten. Kehren sie abends von einem Außendiensttermin nach Hause zurück, können sie sich ganz einfach per Smartphone abmelden. Auch für Mitarbeiter im Home Office ist die digitale Zeiterfassung von Vorteil. Sie melden sich über den Laptop und das Firmennetzwerk an, wenn sie sich morgens an ihren Rechner setzen, und abends wieder ab.

Streitthema Vertrauensarbeitszeit

Für Ärger und Unsicherheit sorgt vor allem das Thema Vertrauensarbeitszeit. Bislang war es in vielen Büros üblich, dass Chefs auf die Zeiterfassung verzichteten. Sie vertrauten ihren Mitarbeiter/innen, morgens pünktlich anzufangen und abends nicht frühzeitig zu gehen. Dies erlaubte natürlich ein wenig Flexibilität. Die eine kam mal etwas später, um morgens noch private Erledigungen zu machen, der andere ging etwas früher, weil sie ihr Kind in der Schule abholen musste – unterm Strich wurde die Arbeit erledigt.

 

Die neue Gesetzgebung mag den einen oder anderen Mitarbeiter stören, der auf diese Flexibilität angewiesen ist, doch für die meisten könnte es eine Erleichterung sein. Sie brauchen sich nicht mehr schlecht fühlen, wenn sie einmal früher gehen, weil sie wissen, dass sie die Wochenarbeitszeit erfüllt haben.

Die Zeit der Mitarbeiter wird besser gewürdigt

Vor allem aber dürfte die verpflichtende Arbeitszeiterfassung einen anderen Vorteil für Mitarbeiter/innen mit sich bringen: Überstunden müssen entsprechend honoriert werden. Schließlich sind es meist nicht mehrere Stunden auf einmal, die anfallen, doch die Viertelstunde hier und die halbe Stunde dort summieren sich im Laufe der Zeit auf so manchen zusätzlichen Arbeitstag, der entweder finanziell vergolten oder mit einem Urlaubstag aufgewogen werden muss.

 

Welche Regelungen gibt es für Überstunden?

 

In diesem Fall ist jedoch auch Vorsicht geboten: Es kann durchaus zu der kuriosen Situation führen, dass Arbeitnehmer/innen so viele Überstunden aufbauen, dass sie nicht mehr mit einer Vergütung oder zusätzlichen Urlaubstagen aufgewogen werden können. Bislang es war Arbeitgebern dann möglich, diese Überstunden stillschweigend zu streichen. In Zukunft könnte dies dank der Zeiterfassung für Ärger sorgen, denn die Arbeitnehmer haben nun einen Nachweis in der Hand, womit sie ihre Vergütung einklagen können. Für gute Laune im Betrieb sorgt dies natürlich nicht.


Summieren sich Überstunden, ist es ratsamer, das Gespräch zu suchen und Ursachenforschung zu betreiben. Möglicherweise liegt es am Zeitmanagement des Mitarbeiters oder aber es liegt daran, dass er einfach zu viel Arbeit auf dem Tisch hat und es an der Zeit ist, Prioritäten neu zu setzen und die Aufgaben neu zu delegieren.

 

Müssen sich Raucher bei einer kleinen Pause ausstempeln?

 

Ein weiterer Streitpunkt könnte mit der gesetzlichen Arbeitszeiterfassung endlich zur Ruhe gebettet werden: Der Ärger der Nichtraucher/innen über die Raucher/innen, deren Rauchpausen vor dem Gebäude häufig nicht von der Arbeitszeit abgezogen werden. Müssen diese ihre Rauchpausen festhalten, ergibt sich ein entsprechender Nachholbedarf bei der täglichen Arbeitszeit.

Was sollten Arbeitgeber und Personaler nun tun?

Wer es noch nicht getan hat, der sollte sich nun unbedingt mit der Auswahl einer geeigneten Software zur Zeiterfassung beschäftigen. Kleinbetriebe und Start-ups können hier sogar auf kostenlose Software setzen, wie sie beispielsweise factro und Timo24 bieten.

Daneben gibt es umfangreiche kostenpflichtige HR-Lösungen wie personio und Factorial bei denen die Zeiterfassung nur eines von mehreren Modulen ist. Sie haben den Vorteil der Konnektivität. So können beispielsweise die erfassten Überstunden direkt in entsprechende Zahlungen umgewandelt und auf die nächste Gehaltsabrechnung gesetzt werden.

Was Arbeitgeber und Personaler auf keinen Fall tun sollten, ist die Hände in den Schoß legen. Es kann durchaus möglich sein, dass ein im Frühling 2023 erlassenes Gesetz vorschreibt, dass die Zeit rückwirkend ab 1. Januar 2023 erfasst werden muss. Dann ist es enorm hilfreich, diese Daten zumindest schon einmal vorliegen zu haben und sie nur noch in die neue Software zu übertragen müssen. Außerdem sollte dieser vermutlich letzte Aufschub genutzt werden, eben diese Software auszuwählen und sich mit ihr vertraut zu machen. So ist die Personalabteilung startklar, wenn die aktuell rhetorische Pflicht zur tatsächlichen gesetzlichen Pflicht wird.

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