Läuft ein Arbeitsvertrag aus, erhältst du von deinem Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis. Diese Referenz soll dir bei der Suche nach einem neuen Job helfen. Allerdings kann auch ein scheinbar sehr positives Arbeitszeugnis versteckte negative Botschaften enthalten. Hier liest du, wie du in deinem Arbeitszeugnis Formulierungen erkennst, die möglicherweise negativ sind und wie du dich gegen diese wehren kannst.
Wann gibt es ein Arbeitszeugnis?
Normalerweise wird das Arbeitszeugnis bei Beendigung des Arbeitsvertrags ausgestellt. Also entweder, wenn du kündigst oder dir gekündigt wird, oder wenn ein befristeter Vertrag ausläuft.
In der Regel wird es schon zu Beginn der Kündigungsfrist ausgestellt, damit du es für die Bewerbungen nutzen kannst, die du nun schreiben wirst.
Daneben gibt es die Möglichkeit, ein Zwischenzeugnis anzufordern. Dies kann sinnvoll sein, wenn du eine längere Pause machst (zum Beispiel in die Elternzeit gehst oder ein Sabbatical nimmst) oder wenn du dich aus einem ungekündigten Arbeitsverhältnis heraus bewerben willst. Mehr zum Zwischenzeugnis liest du hier.
Was ist der Unterschied zwischen einem einfachen und qualifizierten Arbeitszeugnis?
Ein einfaches Arbeitszeugnis ist kaum mehr als ein Beschäftigungsnachweis. Es bescheinigt dir den Zeitraum, in dem du für das Unternehmen tätig warst und die von dir ausgeführten Arbeiten. Dies hat Vor- und Nachteile. Der Vorteil: Du brauchst dir keine Sorgen um etwaige negative Bewertungen zu machen. Außerdem geht es in der Regel schneller, weil nur kurze, knappe Fakten zu deinen Tätigkeiten aufgelistet werden.
Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis enthält dagegen weitere Informationen zu deinem Verhalten und deiner Leistung. Hier kann es länger dauern, bis deine Vorgesetzten entsprechende Rückmeldungen geben. Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis mit Formulierungen zu deinen Leistungen und Soft Skills ist in der Regel die bessere Wahl, solange sie positiv gehalten sind. Reichst du nur ein einfaches Arbeitszeugnis ein, weckst du bei Personalern schnell den Verdacht, du wolltest etwas verheimlichen.
Arbeitszeugnis: Formulierungen richtig lesen
Fast alle Arbeitszeugnisse lesen sich auf den ersten Blick positiv. Zwischen den Zeilen verstecken sich jedoch zahlreiche Codes, mit denen Personaler einander zusätzliche Informationen übermitteln.
Wichtig: Nicht alle Formulierungen sind erlaubt. Nach §109 Absatz 2 der Gewerbeordnung „muss [das Zeugnis] klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.“
Allerdings ist die deutsche Sprache trickreich und die Personaler haben ein ganzes Arsenal an doppeldeutigen Formulierungen in Arbeitszeugnissen. Einige Beispiele, bei denen du hellhörig werden solltest (wir verwenden hier die männliche Form, doch natürlich gelten sie auch für Damen):
- „Er war sehr von sich überzeugt und vertrat seine Meinung stets offen“ → Er war von sich selbst eingenommen und hatte ein großes Mundwerk
- „Er war stets sehr eifrig / sehr bemüht“ → Er hat zwar viel gemacht, aber keine erfolgreichen Ergebnisse erzielt
- „Er führte seine Aufgaben pflichtbewusst / ordnungsgemäß aus“ → Er machte Dienst nach Vorschrift ohne Enthusiasmus und brachte keine Ideen ein
- „Er war stets willens, seine Aufgaben zum vereinbarten Termin abzuliefern“ → Er hielt Termine oder Deadlines nicht ein
Dazu kommen bestimmte Floskeln, die auf menschliches Fehlverhalten hinweisen. Ein Mitarbeiter „dessen Geselligkeit zum Betriebsklima beitrug“ ist möglicherweise betrunken zur Arbeit gekommen oder hat sich während der Arbeitszeit viel mit den Kollegen privat unterhalten. Ein Mitarbeiter der „sich einfühlsam gegenüber Kollegen zeigte“ ist ihnen möglicherweise zu nahe auf die Pelle gerückt.
Der Superlativ im Arbeitszeugnis
Oft findest du im Arbeitszeugnis Formulierungen, die sich schon übertrieben positiv anhören. Dieser Superlativ wird bewusst eingesetzt, um mittelmäßige Leistungen positiv klingen zu lassen.
Ein bekanntes Beispiel
„Er erfüllte seine Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit.“ klingt zunächst einmal positiv. Tatsächlich entspricht dies aber nur der Schulnote Drei (befriedigend).
Denn besser klingt:
„Er erfüllte seine Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ – Der Zusatz „stets“ impliziert hier, dass du immer gut gearbeitet hast. Ohne diesen Zusatz klingt durch, dass du auch mal schwache Phasen hattest oder Termine verschleppt hast.
Aber so richtig toll ist es immer noch nicht, denn es gibt noch eine Steigerung:
„Er erfüllte seine Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“
Nur hier hast du die Schulnote Eins (sehr gut) bekommen, denn diese Leistung lässt sich nicht mehr überbieten.
Ein Tipp: Bist du dir unsicher, ob in deinem Arbeitszeugnis Formulierungen stehen, die eventuell negativ ausgelegt werden, lass es von einem Experten prüfen. Es gibt mittlerweile entsprechende Angebote online, doch du kannst dich auch an einen Anwalt für Arbeitsrecht wenden.
Was kann ich bei einem negativen Arbeitszeugnis tun?
Hast du dann tatsächlich festgestellt, dass dein Arbeitszeugnis Formulierungen enthält, die bei zukünftigen Bewerbungen hinderlich sein könnten, brauchst du dies nicht einfach hinnehmen.
Grundsätzlich gilt: Das Arbeitszeugnis muss mindestens der Schulnote 3 entsprechen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil 2014 (9 AZR 584/13) entschieden. Schlechtere Noten muss der Arbeitgeber begründen. Kann er dies (z.B. mit Verweis darauf, dass du mehrmals abgemahnt wurdest), musst du das Arbeitszeugnis akzeptieren. In diesem Fall kann es dann besser sein, ein einfaches Arbeitszeugnis für deine Bewerbungen anzufordern.
Entspricht dein Arbeitszeugnis der Note 3 und du bist der Ansicht, du hast eine 1 oder 2 verdient, dann liegt die Beweislast bei dir. Du kannst zum Beispiel auf erfolgreiche Projekte verweisen und dich von deinen Kollegen unterstützen lassen.
Im Notfall zum Anwalt
Auf jeden Fall solltest du zunächst das Gespräch mit deinem Vorgesetzten und/oder dem Personaler suchen, wenn dir im Arbeitszeugnis Formulierungen unangenehm auffallen. Möglicherweise war dem Personaler gar nicht klar, dass eine bestimmte Formulierung negativ aufgefasst werden könnte oder der Chef hatte gerade einen schlechten Tag und lässt sich durch eine nette Bitte umstimmen. Dabei ist es hilfreich, wenn du gleich alternative Formulierungen mitbringst, die übernommen werden können. Du kannst diese Formulierungen auch im Rahmen eines schriftlichen Widerspruchs einreichen, wenn der Chef nicht für ein Gespräch zu erreichen ist.
Hilft dies nicht, kannst du eine formale Zeugnisberichtigungsklage erheben. Eine solche Klage hat vor allem dann Aussicht auf Erfolg, wenn unzulässige Geheimcodes verwendet wurden. Ein Anwalt für Arbeitsrecht kann dich hierzu am besten beraten.