Du hast gerade einen Arbeitsvertrag unterschrieben, als unverhofft doch noch ein Angebot von deinem eigentlichen Wunscharbeitgeber kommt. Nun willst du den gerade unterzeichneten Arbeitsvertrag widerrufen. Das geht – allerdings nur mit Einschränkungen. Hier erklären wir dir, wie du vorgehen kannst.
Warum überhaupt einen Arbeitsvertrag widerrufen?
Ein Problem bei der Stellensuche sind die unterschiedlichen Laufzeiten der Stellenangebote online und die unterschiedliche Dauer des Einstellungsprozesses. So kann es vorkommen, dass der eine Arbeitgeber dringend Ersatz für einen ausgefallenen Mitarbeiter sucht und der Bewerbungsprozess sehr schnell verläuft. Der andere Arbeitgeber will eine Stelle dagegen erst drei Monate später besetzen und lässt sich entsprechend mehr Zeit.
Da kann es schnell passieren, dass du von einem Arbeitgeber schon ein Angebot erhältst, während du beim anderen noch in der letzten Auswahlrunde steckst. Dies führt dann zu einem Dilemma: Sicherst du dir das Angebot, damit du überhaupt einen guten Job hast oder wartest du darauf, dass der für dich interessantere Arbeitgeber dir die offene Stelle gibt? Dann kann es passieren, dass du nachher mit leeren Händen dastehst.
Auch kann es vorkommen, dass du und dein Arbeitgeber hoch pokern: Weil dein Arbeitgeber deinem Wunsch nach einer Gehaltserhöhung nicht nachkommt, suchst du dir einen neuen Job. Erst wenn du die Kündigung einreichst, realisiert er, dass du es ernst meinst und bietet dir doch noch eine dicke Gehaltserhöhung und/oder Beförderung.
Daneben kann es sein, dass du den neuen Arbeitsvertrag widerrufen willst, weil gerade erst etwas über den Arbeitgeber ans Licht kommt, das dir missfällt oder Sorgen macht. Auch dann ist es nicht gerade prickelnd, den neuen Job anzutreten.
Lösung 1: Der Aufhebungsvertrag
Die wohl angenehmste Variante für beide Seiten ist der Aufhebungsvertrag. Darin vereinbaren du und dein neuer Vorgesetzter, dass das soeben vereinbarte Arbeitsverhältnis wieder aufgehoben wird. Du brauchst die Stelle nicht antreten und das Unternehmen braucht dir kein Gehalt zu zahlen.
Dazu spielst du am besten mit offenen Karten: Du wirst vor Arbeitsantritt bei deinem Vorgesetzten vorstellig und erklärst ihm, dass du den Arbeitsvertrag widerrufen möchtest. Einen Grund brauchst du nicht anzugeben, aber du wirst leichter auf Zustimmung treffen, wenn du einen guten Grund nennen kannst, zum Beispiel:
"Ich habe ein anderes Angebot bekommen, bei dem ich täglich nur 10 km mit der Straßenbahn pendeln brauche und mich nicht wie bei Ihnen täglich 40 km im Auto durch die Staus im Ruhrgebiet quälen muss."
Beispiel
oder
"Ein anderes Angebot entspricht genau meinen Fachkenntnissen und gibt mir die Weiterentwicklungsmöglichkeiten, von denen ich träume, während ich diese hier nicht sehe."
Beispiel
Ihr setzt gemeinsam den Aufhebungsvertrag auf und geht getrennte Wege. Arbeitgebern ist dies häufig nicht unrecht, denn sie haben kein Interesse an unmotivierten Mitarbeitern, die nur die Zeit bis zum Ende der gesetzlichen Kündigungsfrist totschlagen.
Lösung 2: Die gesetzliche Kündigungsfrist
Gibt es keine Chance auf einen Aufhebungsvertrag, kannst du nur unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist deinen Arbeitsvertrag widerrufen. Hier gibt es mehrere Optionen:
- Wurde eine Probezeit vereinbart, liegt die Kündigungsfrist bei zwei Wochen.
- Ohne Probezeit gilt die gesetzliche Kündigungsfrist von vier Wochen nach §622 des Bürgerlichen Gesetzbuches, außer es wurde vertraglich anders geregelt.
Gut zu wissen: Hast du beispielsweise am 10. März einen Arbeitsvertrag mit Probezeit und Arbeitsbeginn am 1.April unterzeichnet, kannst du diesen Arbeitsvertrag widerrufen, ohne die Stelle antreten zu müssen. Ohne Probezeit (bei einer Kündigungsfrist von vier Wochen) müsstest du eine Woche lang arbeiten, ehe du aus dem Vertrag kommst.
Vorsicht Fallstricke
Lies dir unbedingt vorab das Kleingedruckte durch, wenn du deinen Arbeitsvertrag widerrufen möchtest. Es gibt zwei Klauseln, die dies schwer bis unmöglich machen:
- Einschränkung der Kündigung: Diese Klausel bewirkt, dass du erst ab dem ersten Arbeitstag kündigen kannst. Im oben genannten Beispiel kannst du also erst am 1. April die Kündigung einreichen und dann Mitte April (bei Probezeit) oder Ende April (bei gesetzlicher Kündigungsfrist) wieder aus dem Betrieb ausscheiden.
- Vertragsstrafe: Es kann vorkommen, dass eine vorzeitige Kündigung mit einer Vertragsstrafe belegt wird. Diese entspricht meist einem halben oder ganzen Bruttomonatsgehalt (je nachdem, ob es sich um eine zwei- oder vierwöchige Kündigungsfrist handelt). In diesem Fall musst du selbst entscheiden, ob dir der andere Arbeitgeber diese Vertragsstrafe wert ist.
Du siehst also, es gibt durchaus Möglichkeiten, den Arbeitsvertrag zu widerrufen, wenn du es dir doch noch anders überlegst.
Tipp
Wenn du dich breit gestreut bei vielen Firmen bewirbst: In vielen Stellenanzeigen ist der erste Arbeitstag angegeben. Je mehr Vorlaufzeit zwischen Bewerbung und Arbeitsbeginn ist, umso größer ist die Chance, dass eine Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist noch vor dem ersten Arbeitstag möglich ist.